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Gemeinsames Projektverständnis mit dem Common Ground

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Fehlt zum Projektstart ein gemeinsames Verständnis oder sind Fachbereiche nicht über die neue Produktentwicklung informiert, ist ein Projekt meist zum Scheitern verurteilt. Denn ein gemeinsames Projektverständnis ist die Basis für erfolgreiche Projekte. Der Common Ground schafft das Fundament für eine gut funktionierende Verständigung aller Projektbeteiligten.

  • Die Wahrscheinlichkeit für erfolgreiche Projekte steigt, wenn die Verständigung zwischen den Projektbeteiligten gut funktioniert.
  • Der Common Ground ist ein Prozess, um eine gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit zu schaffen, die alle wesentlichen Aspekte für ein funktionierendes System enthält. Dazu vereint der Common Ground viele Prinzipien und methodisches Know-how, um Menschen zielfokussiert, kooperierend und erfolgreich in Handlung zu bringen.
  • Zwölf Fragen bieten dabei die strukturierte Möglichkeit, in begrenzter und überschaubarer Zeit einen gemeinsamen Wissensraum und ein gemeinsames Verständnis in Gruppen, Teams und ganzen Organisationen herzustellen.
  • Aus dem Common-Ground-Prozess erarbeiten die Beteiligten konkrete Handlungsfelder und Massnahmen.
  • Durch die Kombination verschiedener wirksamer Modelle und Erkenntnisse schafft der Common Ground eine Grundlage für beliebige Projekte und Inhalte, auf der Defizite bei Information und Kommunikation ausgeglichen sowie Konflikte und Ineffizienz vermieden werden.

Der Turmbau zu Babel ist trotz seiner wenigen Verse eine der bekanntesten biblischen Erzählungen aus dem Alten Testament. Bekanntermassen scheiterte das Projekt an Sprachverwirrung und damit einhergehenden unüberwindbaren Verständigungsproblemen. Eine Art babylonische Verwirrung findet sich auch heute in vielen Unternehmen und Projektsituationen – nur ist sie oft nicht auf den ersten Blick sichtbar und hörbar. Sie äussert sich unter anderem darin, dass Projekte scheitern, Mitarbeiter kündigen oder das Betriebsklima schief hängt.

Agile Methoden lösen nicht alle Probleme


Wenn alle über das Gleiche reden, aber jeder etwas anderes darunter versteht, werden Projekte auch mit agilen Strukturen, optimierten Prozessen und modernen Methoden scheitern. Wer heute ein Projekt startet – oft ist es ein Change-Projekt – sollte nicht dem Glauben verfallen, Technik und Technologie seien die einzigen Knackpunkte. Was auch immer geplant wird: Der nicht-technische Teil sollte gut bedacht, geplant und handwerklich sauber umgesetzt werden.

Ein gemeinsames Fundament ist immer die Basis


Die grundlegende Voraussetzung für das Gelingen jeden Projekts und das Erreichen jeden Ziels ist ein gemeinsames Fundament, auf dem die Beteiligten sich so verständigen können, dass sie in der Folge gemeinsam "am gleichen Turm" bauen. Das Management trägt die Verantwortung, den Raum dazu zur Verfügung zu stellen und im Blick zu behalten. Eine Möglichkeit, dieses gemeinsame Fundament zu schaffen, ist der Common Ground.

Das Prinzip "Common Ground" (Gemeinsamkeiten)


Der Common Ground schafft durch die Kombination verschiedener wirksamer Modelle und Erkenntnisse eine Basis für beliebige Projekte, um Verständigungsprobleme, Missverständnisse, Konflikte und Ineffizienz zu vermeiden. Der Common Ground umfasst zwölf Fragen. Diese zwölf Fragen bieten eine strukturierte Möglichkeit, den gemeinsamen Wissensraum bewusst zu klären. Das daraus resultierende Verständnis, aber auch Aspekte wie Sicherheit und Transparenz, tragen erheblich dazu bei, dass alle Beteiligten (wieder) an einem Strang ziehen. Die zwölf Fragen des Common Ground lauten:

  1. Gibt es zurzeit ein konkretes, gemeinsames Ziel, das wir verfolgen? Wenn ja: Sind Absicht und Sinnhaftigkeit des Ziels innerhalb des Teams bekannt und wird darüber gesprochen?
  2. Gibt es ein strategisch übergeordnetes Ziel?
  3. Wie schätzen wir die Zukunft ein? Welche Trends sehen wir und welche Chancen haben wir?
  4. Wie sprechen wir miteinander? Gibt es eine offene, ehrliche Kommunikation? Was darf ausgesprochen werden?
  5. Wie sieht der Informationsfluss aus? Fühlen sich alle informiert? Welche Medien nutzen wir, um Informationen auszutauschen?
  6. Wie wird die gemeinsame Identität gelebt und gibt es ein Wir-Gefühl?
  7. Gibt es Werte, die verbindend sind und werden diese innerhalb unseres Unternehmens und gegenüber Externen gelebt? Welche Regeln haben wir?
  8. Wer ist für was verantwortlich? Sind die Rollen klar? Sind die Aufgaben klar, die zu der Rolle gehören?
  9. Wie leben wir Wertschätzung? Wie geben wir Feedback? Wie wird Leistung beurteilt?
  10. Welche Ressourcen (fachlich, wirtschaftlich, personell, zeitlich etc.) stehen uns zur Verfügung? Haben wir Arbeitsbedingungen, die uns erfolgreich sein lassen?
  11. Welche nächsten Schritte sind für die gemeinsame Entwicklung und das gemeinsame Ziel sinnvoll? Was brauchen wir, um uns alle auf das gemeinsame Ziel dieser Arbeit hier zu verpflichten?
  12. USP – Wofür stehen wir bei unseren Kunden? Wenn es uns nicht gäbe, was würde im Markt fehlen?

Herkunft des Common Ground


Der Begriff Common Ground – ebenso wie das in diesem Zusammenhang verwendete Grounding – geht im Wesentlichen auf die Arbeiten der Kommunikationspsychologen Herbert H. Clark und Edward F. Schaefer zurück. Den hier beschriebenen und selbstständig entwickelten Common-Ground-Prozess wandten wir zwischen 2009 und 2014 in vielfältigen Change-Projekten und Prozessbegleitungen im Top-Management und in neu zusammengesetzten Teams an und entwickelten ihn stetig weiter. Theoretische Grundlagen für die Formulierung und Anwendung der Fragen sind u.a. die Interventionspyramide nach Dilts, Tuckmans Teamentwicklungsphasen, die Grossgruppendynamik nach Weisbord, die Systemprinzipien nach Varga von Kibed sowie das Grounding nach Clark.

Im Hintergrund dieses Common-Ground-Prozesses und der darin enthaltenen Fragen steht eine systemische Sicht auf Organisationen und Teams. Der Prozess – das Grounding – führt insbesondere deshalb zu guten, teils überraschenden Ergebnissen innerhalb kürzester Zeit, weil wir im Dialogprozess Systemprinzipien zu den Fragen und Antworten beachten und hilfreiche Konzepte wie die dynamische Urteilsbildung nach Lex Bos nutzen, um die Dialoge auch für alle nachvollziehbar in die Praxis zu übersetzen.

Tipps für die Anwendung von Common Ground


Wann eignet sich ein Common-Ground-Prozess?


Idealerweise veranstaltet ein Unternehmen in regelmässigen Abständen, z.B. einmal jährlich, einen Common Ground, um immer wieder zu prüfen, ob die Mitarbeiter alle "im Boot" sind. Darüber hinaus bietet sich der Common-Ground-Prozess für folgende Situationen an:

  • Teams kommen neu zusammen: Onboarding oder Offboarding von Teammitgliedern
  • Entwicklung von bestehenden Teams
  • Einführung neuer Produkte oder Software, insbesondere in der Projektvorbereitung

Wie bereite ich einen Common Ground optimal vor?


Bereiten Sie den Common-Ground-Workshop gewissenhaft vor: Laden Sie die Teilnehmer mit ausreichend Vorlaufzeit zum Termin ein und holen Sie sich im Vorfeld die Freigabe des Top Managements hierfür ein. Wenn Sie in der Termineinladung darauf hinweisen, dass dieGeschäftsführung den Workshop unterstützt und ggf. sogar selbst am Termin teilnimmt, stellen Sie sicher, dass die Eingeladenen dem Termin die notwendige Priorität einräumen und sich dafür Zeit nehmen.

Bei der Agenda ist weniger mehr: Geben Sie den Teilnehmern allgemeine Informationen zum Common Ground und teilen Sie ihnen mit, dass Sie das Ziel verfolgen, nach dem Workshop ein gemeinsames Projektverständnis erarbeitet zu haben. Auf Details zum Ablauf können Sie in der Termineinladung gerne verzichten und diese den Teilnehmern erst am Veranstaltungstag selbst mitteilen.

Bei der Wahl eines geeignetes Workshop-Raums können Sie gerne, wenn möglich, auf eine Örtlichkeit ausserhalb Ihres Unternehmens zurückgreifen. Der Vorteil: Die Teilnehmer haben dann leichter einen freien Kopf für eine offene Diskussion und an einem neuen Ort sprudeln auch neue Ideen schneller.

Wer moderiert den Common Ground?


Wenn Sie den Common Ground das erste Mal durchführen, gibt ein Moderator eine gewisse Sicherheit und kann die Struktur vorgeben. Innerhalb des Prozesses steht der Dialog zwischen den beteiligten Personen im Vordergrund. Die Moderation hat vor allem bündelnden Charakter und sorgt dafür, dass am Ende des Tages wesentliche Ergebnisse schriftlich festgehalten und nächste Schritte definiert sind. In Ihrem Unternehmen könnten z.B. ein erfahrener Agile Coach oder ein interner oder externer Berater die Moderation übernehmen.

Wie viele Teilnehmer sind sinnvoll?


Die Teilnehmerzahl kann nahezu beliebig gross sein. Je nach Anzahl der Personen sollten Sie die entsprechend passenden Methoden und Techniken auswählen – z.B. bei Grossgruppen eine RTSC-Konferenz durchführen oder bei kleineren Gruppen eine Zukunftswerkstatt oder Arbeitsgruppen bilden.

Wie läuft der Prozess im Detail ab?


  • Im geschilderten Fall arbeiteten wir mit zwölf Fragen. Abhängig von Situation und Aufgabe kann es sinnvoll sein, wenn Sie nur etwa sechs bis neun Fragen aus dem Set auswählen und mit diesen intensiv arbeiten. Haben Sie z.B. nur einen halben Tag Zeit für den Workshop, konzentrieren Sie sich auf die dringendsten Fragen und lassen Sie die Teilnehmer diese intensiv diskutieren.
  • Halten Sie Gegensätze und Widersprüche nicht nur aus, sondern lassen Sie sie bewusst zu! Sie sind elementarer Bestandteil des Prozesses und führen zu tragfähigeren Entscheidungen. Wird über Bedenken, Ängste, Sorgen und Nöte hinweg moderiert, tauchen diese im späteren Verlauf des Projekts wieder auf – und selten haben sie dann an Stärke abgenommen. Machen Sie widersprüchliche Positionen zu Beginn des Common Ground sichtbar. Stellen Sie das gesamte Spektrum der unterschiedlichen Meinungen dar und lassen Sie es für einen Moment im Raum stehen. Unsere Erfahrung: Oft berichten Teilnehmer hinterher, dass sie noch nie so intensiv und engagiert mit ihren Kollegen zu wesentlichen Themen gesprochen hätten.

Wie sehen die Ergebnisse aus und wie setze ich diese um?

Am Ende des Workshops haben die Teilnehmer ihre Antworten auf die zwölf Fragen gefunden und ausgiebig diskutiert. Daraus ergeben sich in der Regel Handlungsfelder und auch bereits konkrete Massnahmen. Mit einem Project Canvas oder einem Projektsteckbrief können Sie die zentralen Rahmendaten des Projekts und den Projektfortschritt für alle sichtbar festhalten und Massnahmen einplanen.


Quelle: projektmagazin.de